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Das Lebende Museum der Khwe entwickelt sich

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Das Museumsprojekt der Khwe entwickelt sich in eine sehr gute Richtung. Um die postiven Tendenzen weiter aufrecht zu erhalten, organisierten wir am 24. und 25. März 2021 einen traditionellen Workshop im Museum. Ziel des Workshops im März war es unter anderem, traditionelle Kleidung, Werkzeuge und Waffen herzustellen. Weiterhin sollte das Museumsprogramm um weitere traditionelle Aktivitäten ergänzt werden. Natürlich stand auch die Motivation der Projektträger im Fokus der Aktivitäten.

Khwe Living Museum - Info und Hintergrund

Das seit 2013 vom Verein Futouris aus Deutschland und vom namibischen Reiseunternehmen ATC unterstützte Projekt der Khwe entwickelt sich langsam aber sicher immer weiter in Richtung eines sehr guten traditionellen Kultur-Projektes in Form eines Lebenden Museums, nicht zuletzt durch die Arbeit der Living Culture Foundation Namibia.

Beim letzten Treffen mit den Khwe über die Weihnachtszeit 2020 stellte sich heraus, dass viele neue Akteure zum Projekt dazugekommen sind und sich für die Mitarbeit im Lebenden Museum interessieren. Damals wurde das Konzept des Museums für die neuen Mitglieder nochmals erklärt und das dargebotene Programm weiter besprochen und verfeinert. Hauptpunkt des „Weihnachts-Treffens“ war es, genau zu bestimmen, welche Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände die Akteure zur historisch korrekten Arbeit im Museum brauchen:

Männer

  • Kleidung
  • Bogen, Köcher und Pfeile
  • Kalabash (Flaschenkürbis)
  • Beil, Messer und Speer
  • Feuerholz, Trinkröhrchen
  • Springhasenstock

Frauen

  • Kleidung inkl. Ledertasche zum Sammeln und Tragetasche für Säuglinge
  • Grabstock
  • Straußeneier
  • Kleine Axt

Ziel des Workshops im März war es unter anderem, einen Komplettsatz für Männer und Frauen dieser Sachen, oder zumindest einen wichtigen Teil dessen herzustellen. Weiterhin sollte das Museumsprogramm um weitere traditionelle Aktivitäten ergänzt werden. Natürlich stand auch die Motivation der Projektträger (wie immer) im Fokus der Aktivitäten.

Zusätzlich wurde ich zu einem Meeting mit einer Projektgruppe eingeladen, die im Rahmen des Namparks IV Programms im Gebiet der Kyaramacan Association, etwa 1km entfernt vom Khwe Living Museum ein größeres Kultur-Projekt planen (Khwe Traditional Knowledge Heritage Centre) um eventuelle „Synergieeffekte“ zu besprechen! Die Kyaramacan Association ist eine Vereinigung, ähnlich einer Conservancy, die sich um die Verwaltung des Hegegebietes der Khwe kümmert.

Projektbericht von Sebastian Dürrschmidt

Khwe Workshop Tag 1 – 24.03.2021

Nachdem ich am frühen Morgen in der nahegelegenen Stadt Divundu für das Catering des Workshops bei den Khwe Maismehl und Hühnchen und noch einige andere Dinge eingekauft habe, fuhr ich zum Projektplatz.

Als ich um 9:00 Uhr ankam, waren viele Frauen und Kinder anwesend. Ich sah viele neue Projektteilnehmer, teilweise schon in guter traditioneller Kleidung und Ausrüstung.

Die Männer waren noch nicht da, sie organisierten noch einige Sachen „im Busch“, wie mir die Frauen mitteilten. Leider war auch Projektmanager Tadeus Cheddau nicht anwesend, er musste als einer der einflussreichsten Leute in diesem Teil der Khwe-Community beim Treffen zur Errichtung des „Khwe Traditional Knowledge Heritage Centre“ am Versammlungsplatz der Kyaramacan Association dabei sein (dazu später mehr).

Die anwesenden Frauen freuten sich über die mitgebrachten Springbock- und Impalafelle sowie über das halbe Giraffenfell, welches wir von der Windhoeker Gerberei Nakara netterweise geschenkt bekommen hatten. Vor dem Projekttreffen hatte ich Taddeus eigentlich aufgetragen, die traditionelle Gerberwurzel für die Fellgerbung im Busch sammeln zu lassen. Dies war allerdings noch nicht getan und so zog ich mit den Frauen zuerst ins „Veld“ um diese Wurzeln zu suchen. Allerdings gab es diese nicht in entsprechender Größe zu finden. Plan B war es dann in Divundu Vaseline zu kaufen, damit die abgezogenen Häute weich gemacht werden konnten. Dies nahm ich mir für die Mittagspause vor.

Als die Männer ein wenig später „aus dem Busch“ zum Projekt-Workshop hinzukamen, wurden zuerst die mitgebrachten Materialien für den Schmiede-Workshop ausgepackt: Allerlei Schmiedeeisen, 2 Ambosse aus Bahnschienen, Hämmer und Zangen für den Schmiedeworkshop. Kurz danach begann es heftig zu regnen, an ein normales Weiterarbeiten war nicht mehr zu denken. Wir spannten schnell eine Plane auf, damit die Männer weiterschmieden konnten. Die Frauen verzogen sich in die regendichten Hütten.

Zur Mittagspause traf ich mich kurz mit Manager Tadeus und wir sprachen über den Living Museum-Workshop sowie über das Treffen mit der Kyaramacan Association.

Nach der Mittagspause organisierte ich noch einige fehlende Sachen in Divundu, unter anderem Vaseline zur Fellgerbung, Metallfeilen zum Schärfen der Schmiedeerzeugnisse und Kohle für die Schmiedefeuer – das Holz war durch den anhaltenden Regen sehr nass geworden und entwickelte nicht mehr die nötige Hitze.

Ich fuhr zurück zum Projektplatz, doch hier regnete es weiter in Strömen. Die Frauen und Männer arbeiteten fleißig weiter im Schutze der Zelte, Hütten und unter der Plane. Ich konnte mangels Platz nur aus dem Autofenster zuschauen und entschloss mich am frühen Nachmittag, zu meiner Unterkunft zurückzufahren, in der Hoffnung, dass der nächste Tag ein freundlicheres Wetter mit sich bringen würde.

Khwe Workshop Tag 2 – 25.03.2021

Heute traf ich bei heiterem Wetter beim Lebenden Museum ein und stellte überrascht fest, dass fast alle Projektteilnehmer schon gute traditionelle Kleidung hatten und auch schon viele Schmiedeerzeugnisse und andere Ausrüstungsgegenstände fertig waren. Anscheinend hatte der Regen vom Vortag die Laune der Projektträger nicht getrübt und die Leute waren mit großen Ernst und viel Ausdauer bei der Sache geblieben. Das heutige Wetter sorgte jedenfalls für gute Laune und wir zogen mit dem Workshop zum Platz des Lebenden Museums hinüber, was einige exzellente Fotomöglichkeiten bot. Hier einige Bilder des zweiten Tages des traditionellen Workshops:

Die bearbeiteten Fotos werden zu einer „Khwe Living Museum Projektmappe“ zusammengefügt, welche mit einigen Information zum Konzept des Lebenden Museums versehen, beim nächsten Projektreffen den Lodges in Divundu mitgebracht und als erstes Marketingmaterial benutzt wird. Es wird ferner darauf hingewiesen, welchen Vorteil die Lodges von einer Unterstützung des Projekts haben (Gäste bleiben tendenziell einen weiteren Tag in der Unterkunft).

Konkret wurden im Workshop folgende Sachen bearbeitet und hergestellt, natürlich in strikter Trennung der Tätigkeitsbereiche von Mann und Frau:

Frauen:

  • Fellgerbung zur Herstellung von Kleidung, Decken, Sammelhäuten, Babytragetaschen (bei den Khwe eigentlich Männerarbeit, aber durch die Kürze der Zeit von den Frauen übernommen)
  • Herstellung von Schnüren und Seilen
  • Herstellen von Armbändern aus Papyrus (eignet sich zur Interaktiven Aktivität mit Besuchern)
  • Herstellung von Ried-Matten
  • Herstellung von Körben aus Makalani-Palmfaser
  • Schmuckherstellung aus Straußeneierschalen

Männer:

  • Schmieden von Pfeil-, Messer- und Speerspitzen
  • Schnitzen von Pfeilen (eignet sich zur Interaktiven Aktivität mit Besuchern)
  • Herstellung von Bögen und Speeren
  • Herstellung einer „Springhasenangel“

EXKURS: Khwe Traditional Knowledge Heritage Centre

Nach der Mittagspause kamen die Projektleiter des NamParks IV Programms, die wie oben bereits erwähnt über die letzten Tage ein Projektmeeting zur Entwicklung eines großen Kulturzentrums der Khwe (Khwe Traditional Knowledge Heritage Centre and Golden Highway Concession in Bwabwata National Park.) organisiert hatten, bei unserem traditionellen Workshop vorbei, um über eventuelle Synergieeffekte zwischen Kulturzentrum und Lebenden Museum zu sprechen. Ein heftiger Regenschauer zwang uns zum nahegelegenen Versammlungsplatz der Kyaramacan Association zu verlegen. Hier stellte ich das Konzept der Lebenden Museen kurz vor und besprach auch die bisherigen Entwicklungsstufen mit dem Lebenden Museum der Khwe.

Beim Meeting waren auch alle wichtigen Leute der Kyaramacan Association dabei, die die Entwicklung aller Khwe vorantreiben möchte. Von Seiten der Entwickler des Cultural Heritage Centre (Projektleiter Helmke Von Bach, Deputy Team Leader Annie Symonds, Ben Begbie-Clench, Rodney Amster) waren drei Architekten eingeladen, die Entwürfe für das Kulturzentrum vorlegten: Jaco Wasserfall, Alao Martin, Kris Barnard

Dieses Projekt soll ähnlich konzipiert werden wie das engagierte und erfolgreiche !Kwha ttu Projekt nördlich von Kapstadt in Südafrika Es handelt sich um ein sehr engagiertes Projekt, welches  mit vielen Bereichen (Lebendes Museum, Tracker-Akademie, Tourismus-Info-Centre, etc) um ein Vielfaches größer ist, als das Lebende Museum, welches wir momentan planen. Organisiert wird das Projekt durch NamParks (MEFT). Die Machbarkeitsstudie wurde mit Geldern der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert. Dieses Projekt befindet sich noch in der Planungsphase und wird nach Ansicht des Projektleiters in frühestens 2-3 Jahren in den Aufbau gehen.

Nach Rücksprache mit allen „Key Stakeholders“ wurde Folgendes vorgeschlagen und bestätigt:

  • Die Entwicklung von zwei konkurrierenden Lebenden Museen im Abstand von 1 km ist nicht sinnvoll (Heißt, das Cultural Heritage Centre wird kein eigenes Lebendens Museum entwickeln)
  • Da das Lebende Museum der Khwe, welches von der LCFN momentan entwickelt wird, schon recht weit fortgeschritten ist, wird die Weiterentwicklung dieses Projektes vorerst unabghängig vom größeren Cultural Heritage Centre gutgeheißen.
  • Wenn das Cultural Heritage Centre entwickelt wird bzw in einer abschließenden Entwicklungsphase ist, kann unser Lebende Museum als unabhängiges Projekt eingegliedert werden.

Somit haben wir auch von offizieller Stelle „Grünes Licht“, um weiterzumachen!

Zurück im Lebenden Museum der Khwe

Zum Abschluss des Workshops richtete ich in einer Gesprächsrunde noch einige aufmunternde Worte an die Projektgruppe des Lebenden Museums:

  • Der Workshop an sich und die Motivation der Akteure war das Beste, was ich je im Khwe Projekt gesehen hatte, die Entwicklung des Lebenden Museums ist weit vorangeschritten.
  • Wenn das nächste Meeting ebenfalls so positiv verläuft, steht einer baldigen Eröffnung des Lebenden Museums nichts mehr im Weg.

Ich besprach am Ende des Projekttreffens auch noch einmal die konkrete Umsetzung der verschiedenen Programme – dies muss in einem weiteren Projekttreffen vertieft und „einstudiert“ werden:

  • Begrüßung der Gäste durch den Guide und kurze Einführung in das Konzept des Lebenden Museums
  • 4 Songs, Tänze der Khwe
  • Allgemeine Infos zu den Khwe und San (Jäger und Sammler)
  • Das Leben im Dorf – Frauenarbeit:
    • Herstellung von Schmuck (Halsketten und Armbänder) aus Straußeneiern und Papyrus
    • Nahrungszubereitung (Mangetti-Nuss)
    • Seile und Schnüre
    • Herstellen von Matten und Körben
  • Das Leben im Dorf – Männerarbeit:
    • Fellgerbung
    • Traditionelles Feuermachen
  • Ahnenschrein und Erklärung der Geisterwelt
  • Buschwanderung
    • Tracking und Spurenlesen (viel Potential durch häufig vorkommendes Wild)
    • Fallen
    • Erklärungen über Pflanzen (Nahrung., Medizin, Parfüm, etc)
  • Schmiede

Als Frage an die Gruppe richtete ich die Worte: „Was sind nun die nächsten Schritte im Projekt?“

  • Weiterhin enge Zusammenarbeit
  • Die gute Entwicklung der letzten zwei Tage muss im Projekt weitergehen
  • Das Programm muss noch ergänzt werden

Weiterhin stellte ich die Frage, was für die Weiterentwicklung noch benötigt wird:

  • Es fehlt noch ein großer Schmiedehammer
  • Um die Sachen für das Lebende Museum aufzubewahren, brauchen die Khwe einen abschließbaren, vor allem termitensicheren Raum (hier habe ich bei einem befreundeten, lokalen Unternehmer, Georg Both von Mobola Lodge, bereits für einen Kostenvoranschlag zum Bau einer Vorratskammer angefragt)
  • Straußeneierschalen und ganze Straußeneier werden benötigt
  • Eland- oder Zebarafell für Schuhwerk (das halbe Giraffenfell war nicht genug)
  • 20 Kudufelle für Decken und Umhänge
  • 40+ Impala oder Springbockfelle zur Demonstration der Kleidungsherstellung als Programmpunkt
  • Makalaniepalmfasern zur Demonstration der Herstellung von Körben (Kann ich beim nächsten Projektmeeting besorgen)
  • Traditioneller Blasebalg für die Schmiede (kann einer der Männer der Projektgruppe selbst herstellen)
  • Musikinstrument aus „Monkey Orange“ (Wollen die Frauen des Projektes herstellen)
  • Essenszubereitung als Programmpunkt (Mangetti-Nüsse)

FAZIT

Nachdem ich in den letzten Monaten sowohl positive als auch negative Entwicklungstendenzen wahrgenommen habe, bin ich nun – das erste Mal seit dem Neuanfang des Projekts im Jahr 2017 – völlig überzeugt, dass einer Eröffnung des Lebenden Museums nichts mehr im Wege steht. Ich war extrem positiv überrascht! Es hat sich im letzten Jahr eine tolle Projektgruppe gefunden, die anscheinend wirklich hinter dem Konzept des Lebenden Museums steht und dessen Weiterentwicklung vorantreiben möchte.

DAS NÄCHSTE PROJEKTREFFEN

Ich hoffe, bereits Anfang Mai 2021 das nächste Projekttreffen organisieren zu können. Folgende Punkte stehen dann auf der Tagesordnung:

  • Anlieferung der oben genannten Materialien
  • Besorgen weiterer Materialien aus der Umgebung (Mangetti-Nüsse, Makalaniefächer, etc)
  • Räumung einer Fläche für Rezeptionsgebäude, Souvenirshop und Parkplatz
  • Trainieren des Detail-Programmes und Erarbeiten weiterer Programme
  • Intensives Guide-Training inklusive Lernen der englischen Begriffe für bestimmte Tiere und Pflanzen (Überreichung von Flora und Fauna Büchern)
  • Entwicklung einer detaillierten Management-Struktur (Manager, Finanzmanager)
  • Entwicklung eines simplen Finanzkonzeptes (in etwa 5% Management, 5% Maintenance und 90% Gehalt für die Akteure)
  • Projektvorstellung bei den Lodges, Überreichen von erstem Marketingmaterial an die Lodges und Motivation dieser
  • Errichtung einer kleinen Vorratskammer
  • Eventuell am letzten Tag Generalsprobe und Einladen ausgewählter Lodges zum Programmtest

Sebastian Dürrschmidt

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Khwe Museum Vorab-Eröffnung
Projektbericht 2020 von Dr. Ralf Kühn

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