Ethnologie der Ovahimba
Die Ovahimba gehören zu den Bantusprachgruppen. Sie leben im sogenannten Kaokoveld im nord-westlichen Namibia sowie im südlichen Teil Angolas am Kunenefluss. Die Sprache der Ovahimba heißt Otjihimba und ist ein Dialekt des Otjiherero, einer Bantu-Sprache. Es gibt im Kaokoveld etwa 20.000 Himba. Ihr ländlicher Lebensstil war und ist immer noch halbnomadisch.
Die Geschichte der Ovahimba
Die Ovahimba sind die eigentlichen traditionellen Vorfahren der Herero, die in der Mitte des 16. Jahrhunderts von Norden – aus Angola - kommend den Kunene überquerten. Sie siedelten sich im Kaokoveld, dem nordwestlichen Teil Namibias, an und lebten ein ländliches halbnomadisches Leben.
Die frühe Geschichte der Herero ist geprägt von schweren Dürreperioden und anderen Katastrophen. Ein großer Teil der Hererogruppe zog aus dem Kaokoveld weiter in den zentralen Teil Namibias, um nach besseren Weideflächen zu suchen.
Die im Kaokoveld verbliebenen Herero wurden nach der Aufspaltung im 19. Jahrhundert Opfer von Angriffen der Swartbooi- und Topnaar Nama. Die Nama, die vom Süden her kamen, um ebenfalls nach besseren Weideflächen zu suchen, errichteten 1850 einen Stützpunkt bei Sesfontein, von wo aus sie gezielt Raubzüge gegen die Herero des Kaokovelds steuerten. Diese waren weit zerstreut in den riesigen, unzugänglichen Gebieten und hatten die bei weitem schlechteren Waffen. Daher hatten die Herero den Angriffen der Nama nichts entgegenzusetzen und wurden in den folgenden 20 Jahren ständige ihrer Rinderherden beraubt.
Als die Raubzüge immer verheerender wurden und die Herero immer weiter ihrer materiellen und sozialen Grundlage beraubt wurden, flohen Sie über den Kunene nach Angola und suchten Schutz beim Volksstamm der Ngambwe. Die Ngambwe stellten die Herero unter ihren Schutz und nannten sie Ovahimba, was in der Sprache der Ngambwe „Bettler“ bedeutete. Über die Jahre machten sich die Herero diesen Namen zu Eigen und werden seitdem Ovahimba genannt.
Im Jahre 1920 folgten die meisten der Ovahimba dem berühmten Herero Krieger Vito aus Angola zurück nach Namibia. Seit dieser Zeit bis zur Namibischen Unabhängigkeit im Jahr 1990 wahrten sie ihre traditionelle Lebensweise. Seit einigen Jahren gelangen auch die traditionellen Ovahimba immer mehr in den Einfluss der Moderne, womit leider eher das Konsumverhalten von ungesunder Nahrung, zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken und Alkohol gemeint ist. Die Errungenschaften der modernen Gesellschaft, wie zum Beispiel eine gute Krankenversorgung, ein modernes Schulwesen oder eine ausreichende Rentenversicherung hat die Ovahimba noch nicht erreicht.
Religion
Die Ovahimba sind ein monotheistisches Volk, das an einen Schöpfergott mit dem Namen Mukuru glaubt, ein Gott, der eine vage und weit entfernte Gestalt darstellt. Viel direkter und verbindlicher ist der Glaube an die Ahnengeister der Ovahimba. Diese Ahnengeister, die von Mukuru übernatürliche Fähigkeiten verliehen bekommen haben, haben die Möglichkeit, die Welt der Lebenden zu beeinflussen. Die Ahnengeister werden als Vermittler zwischen Mukuru und den Ovahimba (beziehungsweise den Menschen im Allgemeinen) verstanden.
Der Ort an dem die Kommunikation zwischen den Lebenden und den Ahnengeistern stattfindet ist das Heilige Feuer (okuruwo), ein heiliger Platz, der vom Dorfoberhaupt der auch der Wart des Feuers ist, geschützt werden muss. Das Heilige Feuer sollte immer schwelen weil es die heilige Verbindung zwischen Ahnengeistern und Lebenden darstellt. Jede Familien (beziehungsweise jedes Gehöft) hat ein eigens Heiliges Feuer, das sich zwischen dem Kraal und der Hauptfrauenhütte befindet.
Sozialstruktur und Ritus
Die Ovahimba leben zusammen mit ihren erweiterten Familien in großen Gehöften. Polygamie wird immer noch praktiziert, der durchschnittliche Ovahimbamann hat zwei Frauen. Jede Frau wohnt in einer eigenen Hütte, die Hauptfrau lebt in der Hauptfrauenhütte gegenüber dem Eingang des Kraals. Hochzeiten werden häufig arrangiert, nicht selten werden junge Mädchen bereits im Kindesalter verlobt. Die Ehe wird frühestens dann vollzogen, sobald das Mädchen ihre erste Menstruation bekommt (Menarche).
Die Ovahimba haben ein doppeltes Sozialordnungssystem, sowohl patrilinear als auch matrilinear. Das bedeutet unter anderem, dass jede Person zeitlebens Teil ihres väterlichen und mütterlichen Clans bleibt. Es gibt ein komplexes Vererbungssystem, bei dem zumeist das materielle Erbe über die matrilinieare Linie vererbt wird (oft vom Onkel mütterlicherseits auf den Neffen). Der soziale Status wird allerdings patrilinear vererbt.
Das Ausschlagen der unteren vier Schneidezähne bei Jungen und Mädchen im Alter zwischen 10 und 12 Jahren ist ein traditionelles Ritual, welches eine große soziale Bedeutung für die Kinder der Ovahimba hat. Es gibt auch weitere Initiationsriten für Jungen und Mädchen. Jungen werden beschnitten, Mädchen unterlaufen ein Ritual während der Menarche, bei dem sie das Gehöft verlassen müssen und später in Begleitung älterer und erfahrener Frauen zurückgebracht werden, woraufhin sie mit Ehren und Geschenken von ihren Freunden empfangen werden.
Nomadentum, Subsistenzwirtschaft und tägliches Leben.
Traditionell rechnet man die Ovahimba zu den sogenannten „Null-Einkommen-Kulturen“. Sie definieren Wohlstand ausschließlich über die Anzahl der Rinder, die von der Familie besessen wird. Neben den Rinderherden züchten die Ovahimba auch Schafe und Ziegen und sie bauen Mais und Hirse an. Der Hauptbestandteil ihrer Nahrung ist allerdings die Milch und Produkte daraus, wie zum Beispiel die wichtige Sauermilch. Weiterhin werden wilde Feldfrüchte gesammelt, Hühner gehalten und hin und wieder Fleisch gegessen.
Während der Trockenzeit verlassen einige Ovahimba das Gehöft und ziehen mit den großen Herden umher auf der Suche nach Wasser und Weideflächen. Ein Teil der Familie bleibt zuhause im Gehöft.
Die Ovahimba sind als die „roten Nomaden“ Namibias bekannt. Vor allem die Frauen, aber gelegentlich auch die Männer, schmieren sich mit einer parfümierten Paste aus Butterfett und rote, Ocker ein, welche kosmetische Eigenschaften besitzt. Tatsächlich waschen sich die Frauen der Ovahimba nie, sind jedoch sehr reinlich, wenn es um die Körperpflege geht. Das Ockerfett schützt die Haut vor der teils extremen Hitze des Kaokovelds und ist nebenherauch ein wirksamer Schutz gegen Moskitos.
Die Frisuren und der Schmuck der Ovahimba haben große traditionelle Bedeutung. Die Haartracht ist sehr unterschiedlich und verrät den Ovahimba viel über Alter und sozialem Status.