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5 Lebende Museen in Namibia

Ende Juli 2012 feierten wir 5 Jahre Living Culture Foundation Namibia. Unsere noch junge Organisation aus freiwilligen Mitgliedern hat in diesen fünf ereignisreichen Jahren Einiges auf die Beine gestellt. Das sichtbare Ergebnis: 5 ganz unterschiedliche Lebende Museen in Namibia, die doch  alle das gleich Ziel verfolgen: Die Kulturen und Traditionen der Menschen Namibias zu bewahren und an die jüngere Generation weiterzugeben.

Zum Anlass des fünften Geburtstags soll ein neuer Newsletter Aufschluss über unsere Gedanken (Philosophie) und Erfolge geben.

 

1. Einige Gedanken zum Konzept der Lebenden Museen

Wenn in Afrika ein alter Mann stirbt, so verbrennt mit ihm eine ganze Bibliothek

Ein afrikanisches Sprichwort lautet: „Wenn in Afrika ein alter Mann stirbt, so verbrennt mit ihm eine ganze Bibliothek“. Dieses Sprichwort bezieht sich auf die Mündlichkeit der Kulturen auf dem afrikanischen Kontinent. Das wirklich traditionelle Wissen ist nicht in Büchern niedergeschrieben, sondern wird von Generation zu Generation mündlich überliefert. Das Speichermedium dieser alten Kenntnisse ist das kulturelle Gedächtnis eines Volkes. Ohne eine Zirkulation innerhalb einer Sprachgruppe gerät dieses Wissen in Vergessenheit und steht in Gefahr für immer zu verschwinden.

Der Verlust des alten Wissens

Dieser Prozess ist nicht theoretischer Natur, sondern praktisch nachvollziehbar in vielen Sprachgruppen Namibias. Vor allem durch Prozesse der Kolonisierung oder der Apartheid ist das Verschwinden der der eigenen Tradition so weit fortgeschritten ist, dass die kulturelle Identität eines Volkes stark leidet. Durch die hohe Arbeitslosigkeit und die dementsprechend geringe Perspektive können sich vermehrt soziale Probleme entwickeln.

Das Lebende Museum

Das Konzept der Lebenden Museen versteht sich als Versuch, diesen Prozess umzukehren. Ein Lebendes Museum erschafft eine neuartige Perspektive. Einerseits wird ein Einkommen erwirtschaftet, andererseits werden die ursprünglichen Kenntnisse an die jüngere Generation weitergegeben. Man kann sagen: Das Lebende Museum ist das Speichermedium des alten Wissens. Die traditionelle Kultur, die anderorts in Vergessenheit gerät wird im Rahmen der Lebenden Museen zirkuliert.

Kulturelle und ökologische Nachhaltigkeit – Das Lebende Museum als Kultur- und Naturschutzprojekt

Die Menschen in Namibia, die mit Hilfe der Living Culture Foundation Namibia ein Lebendes Museum aufbauen, erschaffen sich mit eigener Kraft und ohne finanzielle Hilfe von außerhalb, sozusagen aus dem Nichts, ein nachhaltiges Projekt im Rahmen des namibischen Tourismus. Durch die Benutzung traditioneller und ausschließlich natürlicher Ressourcen wird das Bewusstsein für ökologische Nachhaltigkeit gefördert. Die Lebenden Museen machen internationale Besucher, aber vor allem die Mitglieder der eigenen Gemeinschaft der jeweiligen Kulturen darauf aufmerksam, dass ihre Kultur und ihr  natürliches Umfeld etwas Wichtiges und Schützenswertes ist.

Als Beispiel die San: Das „Älteste Volk der Menschheit“ (so titelte gerade Spiegel Online- Jäger und Sammler: San-Kultur soll 44.000 Jahre alt sein - SPIEGEL ONLINE ) sind Jäger und Sammler der Kalahari. Sie finden durch die Lebenden Museen einen Weg, ihre eigene Kultur, die ja das Zusammenleben von Mensch und Natur  zentral fokussiert, zu schützen und zu bewahren. Erst die Lebenden Museen geben diesem Aspekt den notwendigen Respekt, zumindest für die San selbst, die durch Besucher und ehrliches Interesse an ihrer Tradition erst wieder Respekt für ihr eigenes Selbstbild entwickeln. In den Lebenden Museen wird nicht die Natur als solches geschützt, sondern das Verständnis der Natur, das Gefühl für einen gerechten Umgang mit den natürlichen Ressourcen und vor allem das Verständnis der Abhängigkeit des Menschen von der Natur.

Interkultureller Kontakt im Lebenden MuseumInterkultureller Kontakt im Lebenden Museum

2. Fakten

Der Erfolg unserer Philosophie ist schwer zu messen; der finanzielle Erfolg der Lebenden Museen hingegen ist leicht nachweisbar.

  • Im Jahre 2011 fanden in den 5 existierenden Lebenden Museen 170 Menschen einen festen Arbeitsplatz.
  • Ca. 1500 Menschen profitieren insgesamt davon.
  • Die Lebenden Museen in Namibia besuchten 2011 insgesamt 10370 Gäste.
  • Ca 1.5 Mio N$ (150.000 €) wurden insgesamt erwirtschaftet.

Wir hoffen, Ihnen im Folgenden einen kleinen Einblick in die Erfolge unseres Konzeptes der Lebenden Museen geben zu können:

1. Das Lebende Museum der Ju/’Hoansi

Nicht die LCFN eröffnete dieses Museums, sondern andersherum – der Erfolg dieses Museums war die Initiation der Gründung der Living Culture Foundation Namibia. Das Lebende Museum der Ju/’Hoansi eröffnete im Jahre 2004 auf eine Initiative unseres Mitglieds Werner Pfeifer und hat sich seitdem zu einem der kulturellen Höhepunkte Namibias entwickelt. Im Mittelpunkt steht des Kennenlernen der Jäger- und Sammlerkultur der San der Kalahari. Auf gleicher Augenhöhe können Besucher lernen, wie die Ju/’Hoansi-San traditionell Feuer machen, Werkzeuge, Fallen und Waffen herstellen, und vieles vieles vieles mehr.

„... Durch die Arbeit im Lebenden Museum hat sich mein Leben und das Leben im Dorf verändert: Heute arbeiten in unserem Museum etwa 75 Menschen. Um die 500 Menschen profitieren insgesamt davon und können sich Nahrung, Kleidung und Seife kaufen...“ Gau Morres N#amce, Lebendes Museum der Ju/'Hoansi in Grashoek

Unglaubliche 2653 Besucher fanden 2011 ihren Weg in das Lebende Museum der Ju/’Hoansi. Mit dem Museum direkt wurden 586.659 N$ (fast 60.000 €) umgesetzt, der interessante Souvenirladen brachte auch für Menschen, die nicht direkt im Museum arbeiten einen Zugewinn und setzte 2011 über 300.000 N$ (ca. 30.000 Euro) um.

Das Lebende Museum der Ju/'Hoansi-SanDas Lebende Museum der Ju/'Hoansi-San

2. Das Lebende Museum der Mafwe

Im Frühjahr 2008, ein halbes Jahr nach Gründung der LCFN in Tangermünde und Windhoek konnten wir das Lebende Museum der Mafwe im Caprivi feierlich eröffnen. Ganz anders als bei den Ju/’Hoansi steht hier eine Bantukultur im Fokus des Lebende Museums. Die Mafwe konzentrieren sich vor allem auf die Aspekte Fischerei und Ackerbau und präsentieren ansonsten in ihrem unter riesigen Baobabbäumen gelegenen traditionellen Dorf am liebsten traditionellen Tanz-Zeremonien.

„... Das Lebende Museum bedeutet ein Einkommen für unsere Gemeinschaft und den Erhalt des traditionellen Wissens. Die Dorfschule schickt uns Kinder, die im Lebenden Museum die alte Kultur lernen und fasziniert davon sind ...“ Elisabeth Madima, Lebendes Museum der Mafwe


21 Menschen, vor allem ältere Frauen mit ihren Kindern und Enkeln arbeiten im Mafwe-Museum. Das Museum besuchten im Jahr 2011 611 Menschen. Das Gesamteinkommen belief sich auf fast 100.000 N$ (10.000 €).

Das Lebende Museum der MafweDas Lebende Museum der Mafwe

3. Das Lebende Museum der Damara

Zusammen mit den Buschleuten gelten die Damara als die „Ureinwohner“ Namibias. Während der Zeit der Kolonisation Namibias konnten die Damara durch ihre lose Stammesstrukturen Aggressoren nie wirklich etwas entgegensetzen. Dies ist auch einer der Gründe weshalb ihre Kultur heutzutage fast völlig in Vergessenheit geraten ist. Im Lebenden Museum der Damara wurde nun zum ersten Mal überhaupt der Versuch gestartet, die „verlorene Kultur“ der Damara zu rekonstruieren. Die Besucher haben dort die einzigartige Möglichkeit, die faszinierende traditionelle Kultur der Damara kennen zulernen um so einerseits zu deren Erhalt beizutragen und andererseits der Community der Damara die das Lebende Museum aufbauten zu einem geregelten Einkommen zu verhelfen.

„... Das Toatatide Damara Museum steht dafür, dass wir stolz auf unsere traditionelle Kultur sind, die fast vollständig vergessen war. Das Lebende Museum ist mein Lebenstraum...“ Hans Bernhard /Naobeh, Lebendes Museum der Damara

Strategisch unmittelbar an einer der touristischen Hauptrouten gelegen, ist das Damara Museum mit fast 6500 Gästen das besucherstärkste Museum. 25 Damara arbeiten hier und erzielten 211 einen Umsatz von 421.715 N$ (Ca 42.000 €)

Das Lebende Museum der DamaraDas Lebende Museum der Damara

4. Das Lebende Jagdmuseum der Ju/’Hoansi

2010 eröffneten die LCFN zusammen mit den Ju/’Hoansi einen eigenständigen Ableger des Ju/’Hoansi Lebenden Museum etwas weiter östlich in der Tsumkwe Region, wo die San auch heute noch jagen dürfen. Hier ist die althergebrachte Bogenjagd mit Giftpfeilen auf Antilopen, das Ausgraben von Springhasen und Stachelschweinen oder das Stellen von Schlingen für Perlhühner, Trappen und anderer nie abgebrochen. Die San hier in dieser Gegend sind tatsächlich die Einzigen ihrer Kulturgruppe die es hier noch offiziell dürfen. Daher beherrschen sie auch noch die hohe Kunst des Fährtenlesens und freuen sich an Besuchern die daran besonderes Interesse zeigen. Einzigartig ist auch, dass Besucher hier solche Jagden miterleben dürfen.

„... Wenn die Besucher kommen, um unsere Kultur zu sehen, lernen die Gäste, aber auch unsere Kinder. Das ist sehr wichtig für unsere Kultur. ...“ !Gamace N!aici, Lebendes Jagdmuseum der Ju/‘Hoansi

Durch die Abgeschiedenheit der Region wird das Hunter’s Museum immer ein Geheimtipp bleiben und nie den Hauptbesucherstrom Namibias „bewältigen“ müssen. Immerhin besuchten 2011 über 400 internationale Gäste, inklusive professionelle Filmteams das Museum. Der Umsatz des Museum, in dem etwa 25 Akteure arbeiten, betrug 2011 über 85.000 N$ (8500€).

Das Little Hunters Museum der Ju/’HoansiDas Little Hunters Museum der Ju/’Hoansi

5. Das Lebende Museum der Mbunza

Nach dreijähriger Aufbauarbeit konnte Ende Oktober 2011 das bislang neuste Museum eröffnen: Das Mbunza Living Museum.  Wesentlicher Bestandteil der interaktiven Programme dieses Lebenden Museum ist die Darstellung (und Bewahrung) der Fischerei- und Ackerbaukultur der Mbunza. Die traditionelle Präsentation reicht vom alltäglichen Leben (traditionelle Küche, Feuermachen auf alte Art, Herstellung von Körben, Matten, etc.) über Buschwanderungen und Fischerei bis hin zu hoch spezialisierten Techniken wie Schmiedekunst, Töpferei und Trommelbau.

„...Durch die Darstellung unserer historischen Kultur schaffen wir uns eine Einkommensquelle und gleichzeitig eine Bildungsinstitution für Gäste und unsere eigene Gemeinschaft...“ Sebron Ruben, Lebendes Museum der Mbunza

In den letzten 2 Monaten des Jahres 2011 besuchten 150 Touristen und Schulkinder aus Rundu das Museum, welches momentan 25 Akteure beschäftigt. 9100 N$ (900 €) wurden umgesetzt.

Das Lebende Museum der MbunzaDas Lebende Museum der Mbunza

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