Das Geheimnis der Damara
Wenn man sich mit der traditionellen Kultur der Damara beschäftigt, wird man immer zuerst mit der Rätselhaftigkeit der Sprachgruppe konfrontiert. Es wird von einem „ethnografischen Rätsel“ oder vom „Geheimnis der Damara“ geschrieben. Gemeint ist, dass sie durch ihre dunkle Hautfarbe äußerlich zwar den Bantu-Sprachgruppen zuzurechnen wären, die ab dem 16ten Jahrhundert aus Zentralafrika nach Namibia einwanderten, aber eine Klicksprache sprechen, welche sonst nur von Menschen gesprochen wird, die aus dem Süden nach Namibia eingewandert sind und keinerlei physiognomische Merkmale mit den Damara teilen. Bis heute kann sich niemand den Widerspruch über den Ursprung der Damara erklären, sie gelten jedoch als „Ureinwohner“ Namibias. Dennoch wurde ihnen im Vergleich zu den San ein recht geringes Interesse entgegengebracht. Es gibt kaum ethnologische oder völkerkundliche Aufzeichnungen über die Damara, während etwa die Ju/’Hoansi-San zu den am besten untersuchten ethnischen Gruppen der Welt gehören.
Die Damara - eines der ersten Völker Namibias
Die Damara wurden oft beschrieben als ein in den Bergen im Westen Namibias lebendes und teilweise von Nama und Herero versklavtes Volk. Es wird heute angenommen, dass die Damara ursprünglich ganz Namibia bevölkerten und erst nach der Migration von Herero und Nama in schwerer zugängliche Gebiete auswanderten, um den ständigen Konflikten dieser beiden Volksgruppen aus dem Weg zu gehen.
Die Damara bauten traditionell eine Vielzahl von unterschiedlichen Hütten, die teilweise einen permanenten Charakter hatten und bei größeren Wanderungen etwa zur Änderung der Hauptwasserstelle verlassen und später wieder bezogen wurden. Man spricht den Damara, auch weil sie Tabakgärten anlegten, eine sesshaftere Existenz zu als den San. DIe Hütten waren Eigentum der Frauen, die Männer hatten darin nur Anrecht auf einen kleinen Schlafplatz. Bei den Buschwanderungen hatten die Damara eine den San vergleichbare Ausrüstung. Die Frauen führten Lederbeutel und Grabstöcke zum Sammeln von Wildpflanzen mit, die Männer waren mit Speeren, Pfeil und Bogen, Messern etc. für die Jagd ausgerüstet. Die Damara fertigten einfache Kleidungsstücke aus den Fellen und Häuten erlegter Wildtiere, wobei die Frauen Wert auf Verzierung der Kleidung mit Schmuckstücken aus Lederriemen und kleinen Perlen, Knochen und Steinchen legten. Die Damara trugen auch Hüte und Sandalen.
Interessant ist, dass die Damara schon sehr früh die Schmiedekunst beherrschten und viele Sachen aus Metall herstellen konnten. Je nach Lebensraum bearbeiteten Sie auch Stein, Holz und Ton, mit dem sie unter anderem Tontöpfe zum Kochen herstellten. Dabei gab es anscheinend verschiedene Berufe, wie die des Schmiedes, die des Viehhalters und so weiter.
Soziales Leben der Damara
Während man zur sichtbaren Kultur der Damara noch halbwegs verlässliche Information finden kann, ist dies bei auf den ersten Blick nicht-sichtbaren Teilen der Kultur, wie zum Beispiel der sozialen Organisation sehr viel schwieriger, da Forscher, Missionare, Händler etc. die die Damara früh trafen oft widersprüchlich, subjektive und von rassistischen oder religiösen Ideologien verfärbte Berichte ablieferten.
Es ist als wahrscheinlich zu betrachten, dass die meisten Damaragruppen keine politische Organisation kannten, sich ein „Häuptlingstum“ erst nach dem Zusammentreffen mit den Europäern entwickeln konnte. Die Damara lebten eher in größeren Familien oder „Sippen“ zusammen, bei denen das Familienoberhaupt und ein Rat der „Ältesten“ einen Einfluss auf Entscheidungen der Gruppe hatte. Die Damara kannten Polygamie, eine allzu ausgeprägte Vormachtstellung der Männer wurde jedoch durch die Frauen verhindert. Im Mittelpunkt der Damarafamilie stand das Prinzip der Egalität. Kinder wuchsen in der Großfamilie der Mutter auf und wurden später von den Ältesten in isolierten „Buschschulen“ ihrer Altersgruppen erzogen. Mädchen wurden mit Eintritt der ersten Menstruation in den Kreis der Frauen eingeführt, die Initiation der Jungen dauerte wohl länger und wurde erst mit dem Erlegen des ersten großen Wildes abgeschlossen. Berichten zufolge geschah das oft erst mit 25 Jahren. Heiraten wurden vom Vater arrangiert - das Wohl der Familie stand über dem individuellen Glück. Heiratsmuster besaßen aber keine dogmatische Struktur, sondern waren flexibel.
Diese einzelnen Familien lebten nicht isoliert, sondern hatten regen Kontakt untereinander und kannten auch Tauschhandel zwischen den Gruppen und mit den San. Später entwickelten sich auch Kontakte zu den Herero und Nama, wobei es nicht selten zu Konflikten zwischen den Kulturgruppen kam. Nach diesen Kontakten fingen die Damara an, ca. 1830 ihre reine Tätigkeit als Jäger und Sammler abzulegen und Vieh zu halten. Die Kontakte zu Missionaren und Händlern waren wenig später ein einschneidendes Erlebnis für die meisten Damara und ihr traditionelles Leben änderte sich sehr schnell hin zu einer Kapital - Abhängigkeit, die durch die Europäer gefördert wurde und rasch zu einer Verarmung der Damara führte.